Lebens-Traum dank Mentoring entdeckt

Langlaufstaffel-Olympiasiegerin und -Weltmeisterin Manuela Henkel und Doris Fitschen, Managerin der Frauen-Nationalmannschaft sowie Abteilungsleiterin Marketing-Chefin für den Frauenfußball beim DFB sind sich einig: Mentoring schließt die Lücke zwischen Sportkarriere und Berufseinstieg.

Manuela Henkel
Manuela Henkel

Als Mentee sind Sie nun flügge – was wollen Sie jetzt in Eigenregie auf die Beine stellen?

Manuela Henkel: Meine eigene Marke ELLA HENK. Ich möchte mein eigenes Mode-Label mit Thermo-Röcken gründen und dieses langsam aufbauen, vielleicht auch Vorträge halten oder Skilanglauf-Kurse organisieren. Dafür stehe ich als Sportlerin mit meinem Statement: Es geht um ein positives, ursprüngliches und sportliches Lebensgefühl. Das Mentoring hatte entscheidenden Anteil an diesem Entschluss.

 

Welchen?

Manuela Henkel: Vor dem Projekt hatte ich keinen Ansatz in meiner Lebens- und Arbeitssituation gefunden. Ich habe internationales Management studiert und konnte lediglich ausschließen, was ich nicht wollte. Es fehlte ein Lebens-Traum, etwas Konkretes, was und wohin ich will. Die anfänglichen Treffen und Gespräche waren in dieser Situation sehr angenehm und beruhigend. Es war ein wichtiger Schritt, Ordnung in meine Gedanken zu bringen und den Mut zu fassen, mich neuen großen Herausforderungen zu stellen.

 

Gab es in Ihrer Laufbahn nach dem Sport eine persönliche Unterstützung in der Form einer Mentoring-Beziehung, Frau Fitschen? Hätten Sie sich eine gewünscht?

Doris Fitschen: Nein, eine solche Unterstützung hatte ich leider nicht. Gerade zum Ende seiner sportlichen Karriere überlegt man natürlich, wo die Reise danach hingehen soll. In meinem Fall war es so, dass ich zwar eine Ausbildung und ein Studium abgeschlossen und auch schon hier und da gearbeitet habe, aber mir fehlte dennoch die Orientierung. Hier hätten mir Tipps hinsichtlich einer beruflichen Karriereplanung sehr geholfen.

 

Warum empfinden viele Leistungssportlerinnen und -sportler zwischen Sportkarriere und Berufseinstieg eine gewisse Orientierungslosigkeit?

Manuela Henkel: Als Leistungssportler ist man perfektionistisch, denn man kann die Olympischen Spiele nicht gewinnen, wenn man nicht perfekt ist. Im normalen Leben mit all seinen Facetten weiß man aber oft gar nicht, wo man anfangen soll mit der Perfektion, weil man nicht in allen Bereichen glänzen kann.

 

Doris Fitschen: Diesen „Bruch“ im Leben nach der Karriere als Sportlerin habe ich selber ähnlich empfunden. Auch deshalb begrüße ich das DOSB-Projekt als sehr positive Maßnahme. Für die Athletinnen und Athleten ist eine solche Unterstützung von Seiten des organisierten Sports beim Übergang vom Sport ins Berufsleben absolut hilfreich.

 

Wie hat Ihnen der Austausch mit Doris Fitschen auf die beruflichen Sprünge geholfen?

Manuela Henkel: Ihr Lebenslauf hat mir den Stress genommen und die Gewissheit gegeben, dass es irgendwie läuft, wenn man dran bleibt. Ich habe noch keinen konkreten Plan, aber ich gehe Schritt für Schritt und probiere mich aus. Heute muss nicht mehr alles perfekt sein. Ich darf stolpern, andere Menschen fragen und um Hilfe bitten. Das hätte ich früher nicht gemacht – da habe ich die Lösungen nur bei mir gesucht. Jetzt habe ich ein Netzwerk, das ich nutzen kann. Diese neue Einstellung habe ich aus dem Mentoring-Programm mitgenommen.

 

Was haben Sie mitgenommen, Frau Fitschen?

Doris Fitschen: Auch wenn wir das Mentoring-Programm noch intensiver hätten "ausleben" können, war es eine gute und wichtige Erfahrung für mich, die sich gelohnt hat. Wichtig ist aus meiner Sicht ein intensiver und regelmäßiger Austausch sowie persönliche Treffen, die nicht durch Telefongespräche oder E-Mails zu ersetzen sind. Durch die Gespräche mit Manuela habe ich natürlich auch meine eigene Arbeit reflektiert. Das ist etwas, das bei mir bis dahin im allgemeinen Alltagsstress oft zu kurz gekommen ist. Das hat mich auf jeden Fall weiter gebracht.

 

Was bringt Ihre Mentee Ihrer Meinung nach weiter?

Doris Fitschen: Ich kannte Manuela davor nur aus den Medien und hatte einen riesigen Respekt vor ihren sportlichen Leistungen und Erfolgen. Bei unseren Treffen habe ich sie dann als sehr aufgeschlossen, neugierig, geradlinig und vor allem prinzipientreu kennengelernt. Das hat mir sehr gefallen.

 

Welche Rolle spielten die anderen Mentees, Mentorinnen und Mentoren bei Ihrer beruflichen Selbstfindung, Frau Henkel?

Manuela Henkel: Die häufigen Treffen aller Mentees und Mentoren und die informativen Gesprächsrunden mit geladenen Gästen des DOSB waren für mich sehr lohnenswert, weil viele verschiedene Themen angesprochen wurden. Insbesondere die Lebensgeschichten und persönlichen Erfahrungen haben mir gezeigt, dass der berufliche Weg oft durch Zufälle und eine Offenheit für Veränderungen bestimmt wird. Auch wenn ich ohne Fragen zu den jeweiligen Gesprächsrunden gekommen bin, so bin ich doch mit vielen Antworten wieder gegangen.

 

Während Ihrer sportlichen Karriere empfanden Sie Funktionärinnen und Funktionäre oft als Lebewesen wie von einem anderen Stern – können Sie sich jetzt vorstellen selber Funktionärin zu werden?

Manuela Henkel: Es ist wichtig, Sportlerinnen und Sportler auf das Leben nach dem Sport vorzubereiten. Das habe ich zu meiner aktiven Zeit vermisst. Die Athleten sollten am besten durch aktive Ansprache über die Möglichkeiten am Rande des Leistungssports aufgeklärt werden. So etwas wäre mein Ding und ich könnte mir durchaus die Übernahme einer solchen Aufgabe im organisierten Sport vorstellen.


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