Die Kunst des Mentorings

Zwischen Mentee Katja Schindler, Drittplatzierte Junioren-Weltmeisterin im Ruder-Achter, und Mentorin Michaela Röhrbein, Leiterin des Zentrums für Hochschulsport der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover, stimmte die Chemie fürs Bewerbungs-Coaching.

Auf den Punkt gebracht: Hat sich das Jahr Investment ins Mentoring-Projekt gelohnt?

Katja Schindler: Auf jeden Fall! Ich habe in diesem einen Jahr viele interessante Menschen kennen gelernt, neues Wissen erlernt und einen tieferen Einblick in den organisierten Sport bekommen. Mit Michaela Röhrbein hatte ich eine engagierte Mentorin, von der ich viel lernen konnte.

 

Michaela Röhrbein: Auch für mich hat es sich eindeutig gelohnt. In der Rolle der Mentorin ist es häufig wichtiger Fragen zu stellen, als Antworten zu geben. Deshalb musste ich mir vor dem Projekt erst einmal selbst Fragen stellen – wie ich an diese Sache herangehe, das Wesen meiner Mentee kennenlerne, schätze und fördere, mich selbst dabei beobachte und den Prozess der Entwicklung im Blick behalte.

 

Sie haben als Mentorin also auch selber von dem Projekt profitiert?

Michaela Röhrbein: Ja, es war durchaus lehrreich und spannend für mich – insbesondere in den unterschiedlichen Situationen – immer wieder neue Anforderungen zu hören und dann durch Kombinieren von Wissen, Erfahrungen und Hinterfragen Anregungen zu geben.

 

Das A und O sind also Anregungen sowie Offenheit – wie gestaltet man außerdem eine erfolgreiche Mentoren-Mentee-Beziehung?

Katja Schindler: Respektvoll, interessiert, ehrlich und am besten mit einer großen Portion Spaß. Wichtig ist es meiner Meinung nach, sich für dieses Projekt zu öffnen und es als neue positive Herausforderung anzunehmen.

 

Michaela Röhrbein: Die Chemie muss stimmen – das ist neben Vertrauen, Vertraulichkeit und Verbindlichkeit die Grundvoraussetzung. Schließlich sollte man sich gerade über die Themen auseinandersetzen, die sonst nicht angesprochen werden, aber dennoch subtil wirken. Dann ist aktives Zuhören und das Stellen von offenen Fragen seitens der Mentorinnen und Mentoren wichtig sowie wechselseitige Akzeptanz und Wertschätzung.

 

Sie haben als ehemalige Mentee des ADH-Mentoring-Programms nun auch die andere Seite, die der Mentorin, kennen gelernt. Was zeichnet einen guten Mentor aus?

Michaela Röhrbein: Die Kunst der Mentorinnen und Mentoren ist es, eigene Erfahrungen einzubringen ohne zu belehren, damit ein Mentee offen für das Wissen und die Erfahrungen sein kann. Der herausfordernde Auftrag als Mentorin oder Mentor besteht darin, den Prozess gemäß den Ressourcen und Potenzialen der Mentee zu gestalten. Das setzt ein ausgeprägtes Einfühlungsvermögen, gute Beobachtungsgabe und Reflexionsfähigkeit voraus  – und das macht diesen Prozess auch für Mentorinnen und Mentoren ungemein aufschlussreich.

 

Klingt nach einem anspruchsvollen Job. Auch für Ihre Mentee war die To-do-Liste sicherlich lang – welche Themen standen auf Ihrer Agenda?

Katja Schindler: Wir haben bei unseren regelmäßigen Treffen in erster Linie ein Bewerbungs-Coaching gemacht. Wir haben also Jobangebote studiert und Bewerbungen formuliert, über die Bedingungen in der Berufswelt debattiert, Weiterbildungen und Qualifizierungen für mich gesucht und ein berufliches Netzwerk aufgebaut. Dazu durfte ich an Meetings meiner Mentorin teilnehmen, sie zu Seminaren und bei Projekten begleiten und Einblicke in die Strukturen im Zentrum für Hochschulsport gewinnen.

 

Frau Röhrbein, was hat Sie während dieses intensiven Miteinanders an Ihrer Mentee am meisten beeindruckt?

Michaela Röhrbein: Die vielen Gespräche, in denen Katja immer wieder Strukturen und Zustände hinterfragt hat – auch basierend auf ihren im Leistungssport gemachten Erfahrungen. Hier rühren sicherlich auch ihre beeindruckend hohe Zielorientierung und ihr Gestaltungswille her.

 

Welche neuen Ziele hat das Mentoring-Projekt eröffnet und welche konkreten Kontakte haben sich ergeben?

Katja Schindler: Mir ist durch das Projekt noch einmal deutlich klar geworden, dass ich definitiv im organisierten Sport arbeiten will und mich dort intensiv einbringen möchte. Allein schon meine Mit-Mentees und deren Mentoren kennen gelernt zu haben, war sehr bereichernd. Darüber hinaus war es immer wieder sehr interessant, mit den Mitarbeiterinnen des DOSB wie z.B. DOSB-Vizepräsidentin Ilse Ridder-Melchers oder Sportentwicklungs-Direktorin Karin Fehres zu sprechen.

 

Ihr Mentee ist nun flügge – bleiben Sie trotzdem Sparringspartner auch über das Jahr hinaus?

Michaela Röhrbein: Ja! Der Kontakt ist für die nächsten zwei Jahre schon formal gesichert: Katja unterstützt mit ihrer umfangreichen Regatta- und Organisationserfahrung meine Einrichtung bei der Durchführung der Europäischen Hochschulmeisterschaft im Rudern 2015. Wir haben darüber hinaus verabredet, dass ich sie weiterhin zu Veranstaltungen im organisierten Sport einlade und mitnehme und wir uns neben aktuellem Gesprächsbedarf mindestens zwei Mal im Jahr treffen.

 

Mentoring ist für Sie ein Erfolgsrezept – was glauben Sie, macht die Methode so besonders?

Michaela Röhrbein: Aus der Praxis für die Praxis! Ich bin vom DOSB-Mentoring-Projekt überzeugt, weil die ehemaligen Spitzensportlerinnen in der Schwebephase zwischen Sport und Beruf vom Sportsystem etwas Positives zurückbekommen.