Nicht nur im Sport vernetzt

Im DOSB-Mentoring-Projekt erhalten neun ehemaligen Spitzensportlerinnen ein Jahr lang Unterstützung einer erfahrenen Mentorin oder eines erfahrenen Mentors. Im Interview kommen die Teams zu Wort.

Conny Pohlers bei ihrem Abschiedsspiel 2014 in Wolfsburg. Foto: picture-alliance
Conny Pohlers bei ihrem Abschiedsspiel 2014 in Wolfsburg. Foto: picture-alliance

In puncto Karriereleiter-Know-how gibt es beim Mentoring selbst für Olympiasiegerinnen und Medaillen-Gewinnerinnen viel zu lernen. Der DOSB stellte in seinem Programm „Mit dem gemischten Doppel an die Spitze!“ neun ehemaligen Spitzensportlerinnen ein Jahr lang eine erfahrene Mentorin oder einen erfahrenen Mentor an die Seite, um sie für ehrenamtliche oder hauptberufliche Führungsaufgaben im organisierten Sport zu gewinnen. In unserer Interview-Serie lassen wir die neun Mentoring-Teams zu Wort kommen. Diesmal: Fußball-Nationalspielerin Conny Pohlers und Anja Kunick, Kommunikationsberaterin und ehemalige FIFA-Schiedsrichterin. 

Zwei Fußballerinnen als Mentorin-Mentee-Tandem – stimmt da gleich die Chemie?

ANJA KUNICK: Ja, die hat sofort gestimmt. Es gibt ein großes gemeinsames Thema und man hat sich auch sonst viel zu erzählen. Schließlich waren wir viele Jahre in der Frauen-Bundesliga unterwegs, Conny als Spielerin und ich als Schiedsrichterin. Sich nun auf einer anderen Ebene und in anderen Rollen wiederzutreffen, empfinde ich nach wie vor als sehr spannend.

Wie war das, sich einer ehemaligen Schiedrichterin anzuvertrauen?

CONNY POHLERS: Kirsten Witte-Abe vom DOSB hatte mich im Vorfeld gefragt, ob es für mich okay wäre, wenn Anja Kunick meine Mentorin wird. Auf dem Platz ist man als Spielerin ja meist unzufrieden mit dem Schiri – das ist jetzt ironisch gemeint. Ich fand es aber ebenfalls sehr spannend, die Sichtweisen einer Schiedsrichterin kennenzulernen. Nachdem wir uns jahrelang immer wieder auf dem Platz begegnet sind, hatte ich kein Problem damit, mich ihr anzuvertrauen. Im Gegenteil: Wir haben gute und offene Gespräche geführt.

Was hat Sie in der Begegnung mit Ihrer Mentee am meisten beeindruckt?

KUNICK: Ich habe Conny als einen sehr positiv denkenden und offenen Menschen erlebt – ich bewundere ihre Unbeschwertheit und gleichzeitige Konsequenz. Als aktive Spielerin hatte sie alles für Ihre Karriere gegeben und größte Erfolge dafür geerntet. Sie setzt klare Prioritäten, ohne sich unnötig unter Druck zu setzen. Sie macht sich viele Gedanken und bewahrt sich dabei eine gewisse Gelassenheit. Das imponiert mir sehr.

Sie haben ein Jahr miteinander gearbeitet – das ist so ziemlich der einzige Rahmen, den der DOSB vorgibt. Wie füllt man diesen Rahmen?

KUNICK: Ich denke, das kann individuell ganz verschieden sein und sich je nach der zeitlichen Verfügbarkeit gestalten. Das vergangene Jahr war vor allem für Conny ein sehr bewegtes Jahr. Sie hatte mit Navina Omilade eine Agentur für Sportmanagement gegründet und kurze Zeit später festgestellt, dass dies nicht wirklich ihre berufliche Erfüllung ist.

Und Sie haben diesen Weg begleitet?

KUNICK: Ja. Conny ist aus der Agentur wieder ausgestiegen und hat für sich entschieden, sich erstmal ganz aufs Familienleben zu konzentrieren. Mittlerweile ist sie stolze Mutter geworden. Aus diesem Grund hatten wir weniger die klassische Mentorin-Mentee-Beziehung, sondern standen eher in telefonischem Kontakt.

Wieviel Bewegung hat das Mentoring-Programm in ihr ohnehin schon bewegtes Jahr gebracht?

POHLERS: Zuerst habe ich mich entschieden, ein wenig Bewegung rauszunehmen. Reisen und auf Fußballplätzen stehen funktioniert für mich mit einem Kind einfach nicht – das passte nicht zusammen. Von Beruf bin ich Erzieherin und ich werde nach meiner Elternzeit 2016 entscheiden, was ich dann mache. Erzieher werden überall gesucht. Vielleicht gehe ich wieder in die Richtung, vielleicht mache ich aber auch etwas mit Fußball. Das lasse ich noch offen.

Offenheit braucht man auch als Mentorin. Beruflich sind Sie als Kommunikationsberaterin unterwegs – inwieweit hat das in Ihrem Job als Mentorin geholfen?

KUNICK: Als Beraterin versucht man zu ergründen, indem man viele Fragen stellt und vor allem gut zuhören kann. Sich auf eine Situation und Person voll einlassen zu können, um dann wieder eine ganzheitliche Draufsicht zu erlangen. Es greifen immer die gleichen Kommunikationsprinzipien, wobei ich meine Erfahrungen aus verschiedenen Branchen wie Kultur, Sport und Wirtschaft mit einfließen lassen kann. Die Herausforderung ist jedoch, sich beim Mentoring auch zurücknehmen zu können, ohne gleich immer knallhart ein strategisches Ziel zu verfolgen. Hier ist der Weg das Ziel.

War für Sie auch der Weg das Ziel?

POHLERS: Definitiv. Ich hatte keine bestimmte Strategie oder Zielvorstellung – ich bin offen an das Programm herangegangen und wollte mich überraschen lassen. Durch meine Schwangerschaft und die Geburt meines Sohnes ist das Programm dann letztendlich etwas zu kurz gekommen. Persönliche Treffen waren auch durch die Entfernung zu Anja mit einem Baby einfach schwer umsetzbar. Wir haben deshalb viel telefoniert.

Was nehmen Sie mit aus Ihrem Mentoring-Jahr?

POHLERS: Der Austausch mit den anderen Mentees und Mentoren war sehr spannend und lehrreich. Ich habe bei den Veranstaltungen viele Menschen kennengelernt und mein Netzwerk nicht nur im Sport, sondern auch im Wirtschafts- und Politikbereich erweitert. Wenn ich diese Kontakte brauche, habe ich jetzt Ansprechpartner und Telefonnummern.

Hat sich das Jahr Investment auch für Sie gelohnt?

KUNICK: Auf jeden Fall. Ich empfand es als eine sehr interessante Erfahrung und persönliche Bereicherung. Man setzt sich nicht nur mit der Mentee und deren Leben auseinander, sondern reflektiert dabei auch immer wieder sich selbst neu und trainiert den Perspektivwechsel beim Blick auf die Dinge. Auch die Treffen mit den anderen Mentoren und Mentees hielten spannende Begegnungen und angeregte Gespräche bereit.

(Quelle: DOSB-Presse/Michaela Rose (www.MEDIA2MOVE.de))


  • Conny Pohlers bei ihrem Abschiedsspiel 2014 in Wolfsburg. Foto: picture-alliance
    Conny Pohlers bei ihrem Abschiedsspiel 2014 in Wolfsburg. Foto: picture-alliance