Schutz vor Gewalt – Herausforderung für den Sport

Im Miteinander des Vereins können die Aufmerksamkeit und Sensibilität gedeihen, um etwa Betroffenen von Gewalt im familiären Umfeld zu helfen.

Zahlreiche Sportvereine verstehen Gewaltprävention als ein wichtiges Thema in ihrer Arbeit. Foto: DOSB
Zahlreiche Sportvereine verstehen Gewaltprävention als ein wichtiges Thema in ihrer Arbeit. Foto: DOSB

„Corona-Pandemie“ ist soeben zum Wort des Jahres 2020 gewählt worden. Welches sonst, bestimmt die Pandemie doch seit Monaten unser Leben und die damit verbundenen Einschränkungen und Verluste erleben wir als gravierend. Dies spüren wir auch im Sport: wenn Sportanlagen geschlossen bleiben und gemeinsames Sporttreiben im Verein nicht möglich ist, fehlt all das, was Sportvereine etwa für Gesundheit und Zusammenhalt der Menschen leisten. Wenn Sportangebote dem Lockdown unterliegen, Einnahmen etwa durch Kursgebühren wegbrechen und Mitglieder sich abmelden, sehen nicht wenige Vereine ihre Existenz bedroht.

Trotzdem und erst recht engagieren sich viele Sportvereine in Krisenzeiten und zeigen, dass soziales Miteinander im Sportverein auch bedeutet, dass Menschen aufeinander achtgeben und sich gegenseitig stärken. Eindrucksvolle Beispiele dafür wurden am 25. November 2020 als Preisträger im Vereinswettbewerb „Starke Netze gegen Gewalt“ präsentiert. Gemeinsam mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) würdigte der DOSB herausragende Projekte von Sportvereinen, die sich mit anderen gesellschaftlichen Akteur*innen im Kampf gegen Gewalt erfolgreich verbünden. So wurde die Abteilung Hockey des Essener Turner Bund Schwarz Weiss e.V., für Ihr Engagement „Prävention -Sexualisierte Gewalt im Sport, Schweigen schützt die Falschen!“ mit dem ersten Preis ausgezeichnet. Zu ihrem starken Netz zählen nicht nur der Westdeutsche Hockeyverband und der Landessportbund NRW, auch das Kinderschutzbüro Essen, Unicef Essen, oder ein Theaterprojekt werden mit ihrer Expertise eingebunden. Die prämierten Vereine sind bereits seit Jahren in der Gewaltprävention engagiert, zahlreiche weitere Sportvereine verstehen dies als ein wichtiges Thema in ihrer Arbeit.

Damit alle Mitgliedsorganisationen den Schutz vor sexualisierter Gewalt zu ihrer Sache machen, sind DOSB und dsj seit langem aktiv. So fand gleichfalls am vergangenen Mittwoch zum bereits 11. Mal das von der dsj ausgerichtete Forum Safe Sport statt, das einen wichtigen Beitrag zur Qualifizierung der haupt- und ehrenamtlich im Sport Tätigen liefert. Ein Schwerpunkt des Austausches war das dsj-Stufenmodell, an das anknüpfend soll mit dem Beschluss eines DOSB Stufenmodells durch die DOSB-Mitgliederversammlung in wenigen Tagen ein weiterer wegweisender Schritt gegangen werden. Damit letztlich jeder der mehr als 90.000 Sportvereine unter dem Dach des DOSB ein sicherer Ort ist, der Schutz bietet und stark macht gegen jegliche Form von Gewalt und Diskriminierung, ist jedes einzelne Vereinsmitglied zu beteiligen. Es liegt eine enorme Kraft darin, wenn alle genau hinschauen, sensibel wahrnehmen, klar ansprechen und couragiert handeln.

Wie wichtig es ist, dass der Sport seine Verantwortung wahrnimmt, hat auch das „Öffentliche Hearing zum sexuellen Kindesmissbrauch im Sport“ vor wenigen Woche sehr deutlich gemacht. Die Bitte des organisierten Sports an die Betroffenen um Entschuldigung war ein wichtiges Signal, dem jetzt klare Schritte im Aufarbeitungsprozess folgen müssen. Diese Schritte möchten wir gemeinsam mit den Betroffenen gehen, denn Aufarbeitung gehört unabdingbar dazu, zuallererst um das Leid der Betroffenen anzuerkennen, aber ebenso um aus diesen leidvollen Geschichten zu lernen. Wir benötigen mehr Wissen, über das, was geschehen ist und wie es geschehen konnte, um es künftig möglichst zu verhindern. Dafür braucht es entsprechendes Wissen und Handlungskompetenz innerhalb des gesamten Sportsystems. Und es braucht die Zusammenarbeit mit weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen ebenso wie mit der Wissenschaft und mit politischen Entscheidern.

Sport vermag seinerseits auch in die Gesellschaft hineinzuwirken beim Schutz vor Gewalt. Im Miteinander des Vereins können die Aufmerksamkeit und Sensibilität gedeihen, um etwa Betroffenen von Gewalt im familiären Bezug zu helfen, durch ein soziales Umfeld mit Personen, denen sie sich anvertrauen können und die für Hilfe sorgen. Mit den gegenwärtigen Einschränkungen für soziale Kontakte nimmt zugleich das Risiko für häusliche Gewalt zu. Sportvereine können auch in diesem Sinne eine Schutzfunktion ausüben- in Zeiten der „Corona-Pandemie“ ist dies wichtiger denn je.

(Autorin: Dr. Petra Tzschoppe, Vizepräsidentin Frauen und Gleichstellung)

In jeder Ausgabe der DOSB-Presse, die wöchentlich erscheint, gibt es einen Kommentar zu aktuellen Themen des Sports, den wir hier veröffentlichen. Diese mit Namen gezeichneten Beiträge geben nicht unbedingt die offizielle DOSB-Meinung wieder.


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