DOSB-Vizepräsidentin Ilse Ridder-Melchers beendet ihre Tätigkeit

Sie war „Dienerin dreier Herren“ – eine Redewendung, die Ilse Ridder-Melchers zunächst zugegebenermaßen maßlos ärgert, dann aber lächelt sie: „Die Frauen im Sport haben mich dreimal mit großer Mehrheit gewählt. Das schafft Unabhängigkeit.“

 

Foto: DOSB
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Mit vielen Frauen weltweit hat sie bei Olympia 2012 in London einen ganz „wichtigen Etappensieg“ feiern können. Auf das eine blickt die Vizepräsidentin des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) mit Zufriedenheit zurück; auf das andere mit Stolz: denn erstmals war es der olympischen Bewegung gelungen, in allen, wirklich allen Sportarten von allen, wirklich allen Nationen Frauen zu melden.

Auch beim Boxen, wo sich bis zum Schluss Saudi Arabien das Patriarchat zu sichern versuchte – und scheiterte. 44 Prozent der Olympioniken waren in London Frauen – so viele wie nie. Es war mehr als Genugtuung für Ilse Ridder-Melchers in ihrem Kampf um Gleichstellung der Geschlechter im Sport.

Nun ist Schluss. Ende des Jahres scheidet die Coesfelderin nach dann zwölf Jahren im inneren Führungszirkel des DOSB aus. „Mann, Enkelkinder, Haus, Windhunde, Garten: „Es gibt noch genug zu tun“, sagt die ehemalige Gleichstellungsministerin der NRW-Landesregierung und SPD-Politikerin.

Manfred von Richthofen, Thomas Bach und nun Alfons Hörmann: Die „Herren“ Präsidenten, in deren Amtszeit Ilse Ridder-Melchers sich für die Belange von Frauen und Mädchen einsetzen musste, verkörpern ganz unterschiedliche Zeitabschnitte in der Frauenbewegung des deutschen Sports.

Unter von Richthofen musste sich „die rote Ilse“, wie die Funktionärin ein wenig despektierlich als Quereinsteigerin vom DSB-Chef genannt wurde, erst behaupten. „Ich war von der Frauenvollversammlung gewählt und durfte drei Monate lang an Präsidiumssitzungen nicht teilnehmen, bis die Mitgliederversammlung mich formal bestätigt hatte: „Wie blöd, Entschuldigung: wie saublöd war das denn?“
„Sport kann nicht die Aufgaben der Politik erledigen, aber der Sport ist beileibe nicht unpolitisch.“
Ilse Ridder-Melchers
Fortan nahm sie den Kampf im von Männern dominierten Sport DSB (später DOSB)-Präsidium auf. „Es war ein zäher Kampf“, sagt sie, „aber nicht so sehr gegen von Richthofen oder Bach. „Die wussten über die gesellschaftspolitische Bedeutung Feldern der Gleichberechtigung auch für den Sport“. Neu-Präsident Hörmann attestiert sie im Übrigen eine gleiche Einstellung. Aber bei „Frauenquote“ war Schluss.

Dass aber im DOSB – ähnlich der Gesetzesvorlage, die für Dax-Unternehmen gelten soll – nur eine verbindliche „Quote“ letztendlich den notwendigen Schub bringt, steht für Ilse Ridder-Melchers außer Frage: „Nur fünf Präsidentinnen gibt es in den insgesamt 98 Sportverbänden in Deutschland und 23 von ihnen haben gar keine Frau in ihrem Präsidium.“ Weil das so ist, müsse die Quote her. Weibliche 40 Prozent, legte die Frauenvollversammlung des DOSB 2012 unter ihrer Regie erstmalig fest, sollen in allen Führungsgremien des organisierten Sports schon möglichst bald vertreten sein.

Es ist nicht allein die Funktionärsebene, die mit femininer Kraft auf Vordermann und um die männliche Allmacht gebracht werden soll. Aber auch. „Sport kann nicht die Aufgaben der Politik erledigen, aber der Sport ist beileibe auch nicht unpolitisch“, sagt sie.

Es seien die Vereine, die Angebote für Frauen bereitstellen müssen: Sport für alle, heiße auch Sport für Migrantinnen beispielsweise, heißt Integration und Inklusion, und Sport als Gewaltprävention – das seien für Ilse Ridder-Melchers noch zu beackernde Aufgabenfelder.

„Sport macht schlau“, sagt sie und es seien „Männer, die Frauen oft nicht in Führungspositionen haben wollen – und es sind Frauen, die sich nicht trauen“. Beides zu ändern, ist Ilse Ridder-Melchers damals angetreten. Mit bundesweiten Frauensportwochen, Organisationsberatung, Verbandswettbewerben und nicht zuletzt dem „Jahr der Frauen im Sport“ hat sie Impulse gesetzt. Fortsetzen muss diese Arbeit bald jemand anderes.

Von Jürgen Beckgerd

Quelle: Westfälische Nachrichten


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