Netzwerke knüpfen gegen Gewalt

Gewalt und Missbrauch im Sport - ein Thema aus der Tabuzone holen. Im Kampf gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch von Mädchen und Jungen im Sport sollen Vereine und Verbände stärker sensibilisiert werden.

 

Das betonte Helmut Liesenfeld, im Innenministerium für Kriminalprävention zuständig, bei einer Podiumsdiskussion rund ums Thema "Gewalt im Sport", zu der der Landessportbund in den Erbacher Hof geladen hatte. "Alle Beteiligten müssen die Dringlichkeit der Prävention und Intervention gegen Gewalt im Sport begreifen und handlungsfähig werden", forderte Ellen Wessinghage, LSB-Vizepräsidentin Frauen & Gleichstellung. 

"Frauen, Mädchen und Jungen müssen bestärkt werden, sich gegen verbale und körperliche Übergriffe zur Wehr zu setzen." Meike Schröer, Fachfrau für die Prävention sexualisierter Gewalt bei der Sportjugend des Landessportbundes Nordrhein-Westfalen, legte dar, wie Machtverhältnisse sexualisierte Gewalt begünstigen. 13 Prozent der Frauen und acht Prozent der Männer hätten sexuelle Gewalt erfahren, die strafrechtlich verfolgt wurde. Sexistische Witze, anzügliche Bemerkungen, obszöne Gesten oder unerwünschte Berührungen hätten 58 Prozent der Frauen schon mal erlebt.

Zwischen dem siebten und dreizehnten Lebensjahr sei die Gefahr, Opfer zu werden, am größten. "80 bis 90 Prozent sind Opfer von Bezugspersonen wie Bekannte, Pädagogen, ältere Jungen oder Trainer", erläuterte Schröer.
Eine "definitorische Unschärfe" führe dazu, dass das Problem von den Handelnden heruntergespielt werde nach dem Motto "War doch nicht so gemeint", und dass die Übergriffe als nicht so schwerwiegend bewertet würden.

Was die Täter betreffe, gebe es keine äußeren Erscheinungsmerkmale. Ein Missbrauch passiere nicht spontan, sondern werde von langer Hand geplant. Die Körperzentriertheit der sportlichen Aktivitäten komme den Tätern bei ihren Verletzungen der Intimsphäre ebenso entgegen wie "Umziehsituationen" oder Übernachtungen bei Wettkämpfen.

"In Rheinland-Pfalz gehen wir noch etwas stiefmütterlich an die Sache ran", urteilte Liesenfeld. "Das Thema muss bei uns wachsen - noch stehen wir vor einer riesig großen Mauer." Laut Anette Diehl vom Frauennotruf Mainz müsse man nicht die Machtverhältnisse abschaffen, sonden "eine Kultur der Grenzachtung schaffen".

 

09.03.2009 - MAINZ Allgemeine Zeitung /Von Michael Heinze/