DOSB-Netzwerkprojekt: Bewegung und Gesundheit - mehr Migrantinnen in den Sport

Während Männer mit Migrationshintergrund den Weg in unsere Vereine zum regelmäßigen Sport treiben finden, sind für Mädchen und Frauen mit Migrationshintergrund die Barrieren zahlreich und hoch - sie bleiben allzu oft zu Hause.

Wie können Mädchen und Frauen mit Migrationshintergrund in die Vereine geholt werden? Copyright: picture-alliance
Wie können Mädchen und Frauen mit Migrationshintergrund in die Vereine geholt werden? Copyright: picture-alliance

Können wir also Migrantinnen überhaupt erreichen?

Dazu werden die Fragen notwendig: Wer sind eigentlich „DIE Migrantinnen“? Was wissen wir von ihnen und wieso fällt es uns so schwer, über „IHRE“ Integration in „UNSERE“ Sportvereine zu sprechen? Unter „Migrantinnen“ verstehen wir: „Kopftuch“ = Problem, „Frau“ = Problem, „die wollen im Sport erstmal unter sich sein“ = Problem „im Schwimmbad einen was tragen? - Burkini???“ = Problem.

Damit richten wir den Finger auf andere, richten wir ihn nun auf uns selbst:

Es handelt sich hierbei um einen pauschalisierten und pauschalisierenden Mix aus Vorurteilen, Missverständnissen und Unkenntnis. Den Vorurteilen folgen Missverständnisse - den Miss-verständnissen folgen Befürchtungen - den Befürchtungen folgen Ängste und zudem eine spürbare Abwehr, wenn es um das Thema Integration von Mädchen und Frauen mit Migrations-hintergrund geht, besonders mit Blick auf und in unsere Sportvereine. Damit sind wir schon beim Problematisieren. So einfach ist das. Migrantinnen bedeuten Probleme - die können (vielleicht auch wollen?) unsere Vereine nicht bewältigen - also lassen wir es so wie es ist. Migrantinnen passen sich entweder unserer Kultur an - oder bleiben draußen.

So kurzweilig und oberflächlich diese Darstellung auch sein mag - so kurzfristig ist sie auch gedacht und so undifferenziert ist ihre Betrachtungsweise. Problematisieren ist schließlich auch leichter als differenziert zu thematisieren. Wie wenig assimilatorische - und damit Anpassung-gewünschte-Ansätze greifen, sehen wir daran, dass Mädchen und Frauen mit Migrations-hintergrund in den Vereinen stark unterrepräsentiert sind und genau diese Zielgruppe nicht erreicht wird.

Warum gehen wir mit dem Thema "Integration und Interkulturalität" nicht unvoreingenommener um? Wieso lernen wir Migrantinnen und ihre individuellen aber auch kollektiven Lebenswelten nicht kennen bevor wir sie unwissend bewerten und damit vorschnell verurteilen?

Zum Glück sieht die Wirklichkeit aber doch nicht ganz so düster aus. Das belegen die Expertise „Mädchen und Frauen mit Migrationshintergrund im organisierten Sport“ (Kleindienst-Cachay) und andere erfolgreiche Beispiele aus dem Bundesprogramm „Integration durch Sport“. Auch die Partner und Partnerinnen unseres Netzwerkprojektes „Bewegung und Gesundheit - mehr Migrantinnen in den Sport“ sehen enormes Potential in diesem DOSB - Projekt: Pia Pauly Abteilungsleiterin beim DTB sagte mit Recht auf einer Podiumsdiskussion beim Internationalen Turnfest: „Auf ein solches Integrationsprojekt wurde nur gewartet - wir rennen offene Türen ein“. Das können auch Migrantinnen bestätigen: Sidar Demirdögen, Vorsitzende des Bundes-verbandes der Migrantinnen dazu: “viele Frauen wollen Sport treiben, aber ihnen fehlt eine vertrauensvolle Ansprechpartnerin im Verein und oft wissen sie nicht, wie viele Sportarten es tatsächlich gibt und wie sie betrieben werden, sie kennen die Regeln nicht.”

Den vielfach geäußerten Wunsch der Frauen mit Migrationshintergrund, Sport im Verein zu betreiben, können unsere Vereine noch nicht auffangen. Dafür bedarf es eines intensiven beiderseitigen Sensibilisierungsprozesses, der damit beginnt, sich willentlich mit den kulturellen und lebensweltlichen Bindungen der Migrantinnen auseinander setzen zu WOLLEN. Damit öffnen wir Migrantinnen Türen, die es ihnen ermöglichen sich über den Weg in die Sportvereine besser in unserer Gesellschaft zurecht zu finden und einen partizipativen aber auch vera-ntwortungs- und pflichtbewussten Platz einzunehmen. Das Schaffen von solchen Plätzen beispielsweise in Form von Übungsleiterinnen oder Dialogbeauftragten für Mädchen und Frauen mit Migrationshintergrund in unseren Sportvereinen bedeutet eine identitätsnahe und authentische Schnittstelle für andere Frauen mit Migrationshintergrund. Auf diese Weise können Hemmschwellen abgebaut und die Zugänge für Migrantinnen in die Sportvereine erleichtert werden. Sport im Verein und unterschiedliche kulturelle und traditionelle Wertegefüge sind durchaus miteinander vereinbar. Dies zu erkennen und zu fördern trägt zur Bildung nachhaltiger Unterstützungsstrukturen bei, die einen erheblichen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit unserer Sportvereine leisten werden.

Eines noch: Die wichtigste Voraussetzung für Integration ist INTERAKTION: also das wechselseitige aufeinander zugehen und miteinander reden - viele Migrantinnen und ihre lokalen Partner und Partnerinnen (Frauenhäuser, Gleichstellungsstellen, Jugendtreffs etc.) sind bereit dafür - sind wir es auch? Können wir Migrantinnen erreichen? - Unser Netzwerkprojekt gibt die richtige Antwort!!


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