Auf der Suche nach der Frauenquote

Im Spitzensport sind Trainerinnen eine rare Spezies - nur jeder achte Bundestrainer-Job wird von einer Frau erledigt. Zur Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Berlin haben wir bei den Athletinnen nach dem weiblichen Coach-Faktor gesucht.

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Fragt man Leichtathletik-Ass Bianca Kappler, ob es einfacher ist, als Weitspringerin oder als Weitspringer den großen Medaillen-Clou in der Sandgrube zu landen, bekommt man zuerst ein erstauntes Lachen und dann die Antwort: „Ich hoffe natürlich, dass mir im Finale der ein oder andere Sprung rausrutscht. Aber sowohl im Weitsprung der Männer als auch bei den Frauen muss man bei der WM wirkliche Top-Leistungen bringen, um ganz vorne mit dabei zu sein.“ Ihre großen Sprünge verdankt die Saarländerin nicht nur ihrem Talent, sondern sicherlich auch ihrem Heimat- und Bundestrainer Ulrich Knapp, bei dem sie seit 2002 trainiert. „Ich habe in meiner sportlichen Laufbahn drei Trainer gehabt und es war nie eine bewusste Entscheidung, bei einem Mann zu trainieren - es hat sich einfach so ergeben“, erklärt sie und fügt schmunzelnd hinzu: „Für mich ist das wohl die bessere Variante - er hat mich ein bisschen im Griff, wenn ich zickig bin. Vielleicht würde ich mir von einer Trainerin weniger sagen lassen?“ Aus ähnlichen Gründen schätzt auch Speerwerferin Linda Stahl, die neben der Saisonbestleistung ebenfalls das WM-Finale anpeilt, ihren männlichen Coach: „Ich finde es gut, wenn der Trainer eine Respektperson ist - aber das ist keine Frage des Geschlechts, sondern eher des Typs. Hat die Person zudem Ahnung, wäre es mir egal, ob ich von einer Frau oder einem Mann trainiert werde.“

Auf das richtige Know-how nebst einem bestimmten Auftreten setzt auch Staffelläuferin Cathleen Tschirch, die zusammen mit ihren drei Teamkolleginnen von zwei Trainern flotte Beine für die Jagd auf Bestzeit und Finalteilnahme bei der WM verpasst bekommen hat. Im männlichen Coach sieht die Sprinterin einen klaren Vorteil: „Männer sind vielleicht etwas unabhängiger von ihrer Familiensituation und das kommt uns im Sport sehr zugute, weil unsere Trainer mit uns viel unterwegs sein müssen.“ Für ihre berufliche Zukunft kann die Athletin von Bayer Leverkusen sich nach ihrem Karriereende einen Trainerposten sehr gut vorstellen. Erste Gehversuche hat die Physiotherapeutin in ihrem Verein schon gemacht. Die eigenen Erfahrungen aus dem Leistungssport möchte sie später an den Sprinter-Nachwuchs weitergeben und dabei eine weibliche Note einbringen: „Ich glaube, dass eine Trainerin mit manchen Dingen in den Teenagerjahren, mit Menstruationsfragen und Hormonproblemen sensibler umgehen und positiver einwirken kann. Trotzdem bezweifle ich, dass Frauen die besseren Trainer sind. Meiner Erfahrung nach brauchen Trainer einfach Taffheit - auch die Trainerinnen.“ Diese Forderung wider gängige Rollenklischees ergänzt Bianca Kappler um einen weiteren Anti-Mythos: „Mit Sicherheit gibt es Unterschiede zwischen Frauen und Männern, aber das Entscheidende ist, wie sensibel ein Trainer oder eine Trainerin auf den Athleten eingehen kann - und diese Feinfühligkeit hat mein Trainer ganz sicher. Deshalb sollte man vielleicht gar nicht nach Geschlecht differenzieren, weil auch zum Trainer-Sein eine ganze Menge Talent und Können gehören.“


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