Petra Tzschoppe: „Potenziale von Mentoringprogrammen nutzen“

Petra Tzschoppe spricht im Interview für den Newsletter der Führungs-Akademie des DOSB über Erfahrungen, Mehrwert und Möglichkeiten des Mentoring.

Petra Tzschoppe bei der Auftaktveranstaltung des DOSB-Mentoring-Programms 2016/2017. Foto: DOSB
Petra Tzschoppe bei der Auftaktveranstaltung des DOSB-Mentoring-Programms 2016/2017. Foto: DOSB

Petra Tzschoppe blickt auf einen großen Erfahrungsschatz im Bereich der Mentoring-Programme für Nachwuchs-Führungskräfte zurück. Beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) war die Dozentin für Sportsoziologie und Sportgeschichte an der Universität Leipzig als Mentorin tätig. Als DOSB-Vizepräsidentin für Frauen und Gleichstellung ist sie aktiv in die Umsetzung des gesamten Mentoringprogramms einbezogen. Nun wirkt sie auch als Mentorin im Rahmen des Leadership Programms des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) mit.

Blicken wir zunächst auf das DOSB Mentoringprogramm. Was war das Ziel in der ursprünglichen Konzeption und hat sich das Programm im Laufe der Jahre weiterentwickelt?

PETRA TZSCHOPPE: Die erste Ausgabe des DOSB Mentoringprogramms lief bereits 2012/ 2013, in diese war ich noch nicht persönlich eingebunden. In die zweite Runde 2014/15 bin ich dann zunächst als Mentorin eingestiegen, während dieses Zeitraumes wurde ich als Vizepräsidentin für Frauen und Gleichstellung beim DOSB gewählt. Mit diesem Ehrenamt hat sich dann meine Rolle im Rahmen des Programms erweitert. Im aktuellen dritten Durchgang trage ich gemeinsam mit Kirsten Witte-Abe, die im Hauptberuf beim DOSB dieses Programm leitet, die Gesamtverantwortung für das Programm.

Das DOSB-Mentoringprogramm hat sich im Laufe dieser Jahre weiterentwickelt. Es ist weiterhin an ehemalige Spitzensportlerinnen adressiert, hinzu gekommen, zur Ausrichtung auf einen Weg in Richtung Führungspositionen im Sport, ist nun die Orientierung in Richtung Trainerinnenberuf. Auch bezogen auf die einzelnen Bausteine des Mentoringprogramms gab es Neuerungen. So nutzen wir inzwischen gezielt Gelegenheiten, wie etwa die DOSB-Mitgliederversammlung, an denen die Mentees teilnehmen und so Strukturen kennenlernen sowie Zugang zu weiteren Netzwerken finden können. Die über das Jahr verteilten Treffen und Schulungen bieten somit neben methodisch aufbereitetem auch eine Menge an informellem Lernen. Seit 2016 versuchen wir zudem die Verbände in Form von Patenschaften noch direkter einzubeziehen. Gewachsen ist über die drei Runden auch unser Pool an Mentorinnen und Mentoren – hochkarätigen weiblichen und männlichen Führungskräften aus unterschiedlichen Bereichen, die ihre Expertise für die Mentees zur Verfügung stellen.

Nun sind Sie selbst auch als Mentorin, u.a. im Leadership Programm des DFB tätig. Aus Ihren bisherigen Erfahrungen: Welche Themen bewegen die Mentees? Gibt es wiederkehrende Themen in den unterschiedlichen Programmen?

Genauso vielfältig wie die Zusammensetzung der Teilnehmerinnen sind auch die konkreten Themen und Erwartungen, die diese in die Mentoringbeziehung einbringen. Die Mentees kommen ja doch mit recht unterschiedlichen Ausgangssituationen und Zielsetzungen in das Mentoringprogramm. Vergleicht man beispielsweise die Ausrichtung des DOSB-Programms mit dem des DFB, so ergeben sich schon hier in der Zusammensetzung der Teilnehmergruppen variierende Themenstellungen. Beim DOSB treffen ehemaligen Spitzenathletinnen aus unterschiedlichen Sportarten zusammen, beim DFB liegt der Fokus auf ehrenamtlich Engagierten aus den verschiedenen Landesverbänden, aber der jeweils gleichen Sportart. Da beide Programme auf die Stärkung von Frauen für Führungspositionen im Sport ausgerichtet sind, ergeben sich allerdings auch ähnliche Themen in den Mentoringgesprächen, wie beispielsweise das Argumentieren und Behaupten von weiblichen Führungskräften in überwiegend von Männern dominierten Gremien. Spannend ist in Bezug auf die Mentoringgespräche auch die Wechselbeziehung zwischen Mentor oder Mentorin und Mentee. Nicht nur die Mentees, auch die Mentoren sind hier gefordert, sich selbst in ihrer persönlichen Entwicklung zu reflektieren und ihre sozialen und kommunikativen Fähigkeiten weiter zu entwickeln. Zudem ist neben dem Zusammenspiel der Mentoringpaare auch der Austausch der Mentoren untereinander sehr anregend.

Damit sprechen Sie bereits einige positive Auswirkungen von Mentoringmaßnahmen an. Welchen Mehrwert hat ein Mentoring Ihrer Meinung nach neben einer reinen Schulungs- oder Entwicklungsmaßnahme?

Der organisierte Sport ist gefordert, das Thema Personalentwicklung ganz bewusst anzugehen, um sich zukunftsfähig aufstellen zu können. Wir wissen um die erheblichen Probleme von Verbände und Vereinen wenn es gilt, ehrenamtliche Funktionen zu besetzen. Diese können wir nicht nach dem Zufallsprinzip lösen, hier bedarf es der gezielten Ansprache und Förderung von engagierten Personen. Mentoring ist dafür ein wirklich hervorragendes Instrument.

Meines Erachtens zeigt sich der Mehrwert von Mentoringprogrammen auf drei Ebenen: Zum einen in direkter Auswirkung für die Mentees, die in ihrer Entwicklung unterstützt werden – sei es im Hinblick auf konkrete Ziele oder auch bei der Suche nach möglichen Karriereoptionen. Zum zweiten entsteht auch, wie bereits erwähnt, für die Mentorinnen und Mentoren ein Mehrwert – in der Zusammenarbeit mit den Mentees sowie im Austausch mit anderen Mentorinnen und Mentoren des Programms und dem dabei entstehenden Netzwerk. Und drittens profitieren auch die Sportorganisationen direkt von derartigen Mentoringprogrammen – schon allein dadurch, dass mehr qualifizierte Personen für Hauptberuf oder Ehrenamt zur Verfügung stehen. Das DOSB-Programm hilft, ehemalige Spitzensportlerinnen nach dem Ende ihrer leistungssportlichen Karriere nicht aus dem Blick zu verlieren. Sie verfügen über so viel Wissen und Erfahrungen zu den Belangen des Sports, diese Potenziale dürfen wir nicht leichtfertig verschenken. Konkret mit Blick auf das DOSB- und das DFB-Programm: fähige junge Frauen werden ermutigt und unterstützt, Führungspositionen im Sport anzustreben, die Bindung zu den Vereinen und Verbänden wird dabei gefestigt – unter dem Strich bedeutet das einen Gewinn für den gesamten organisierten Sport.

Wenn Sie nun zurückblicken auf die bereits abgeschlossenen Mentoringprogramme, die Sie begleitet haben: Wie schätzen Sie den Erfolg dieser Programme ein? Wurden die Ziele erreicht? Woran würden Sie den Erfolg messbar machen?

Der konkrete Erfolg dieser Programme lässt sich nicht direkt am Ende dieser jeweils einjährigen Zusammenarbeit bilanzieren, es werden ja Impulse gesetzt, die in die Zukunft wirken sollen. Dennoch ist es schon aufschlussreich, die Dokumentation zu den bisher abgeschlossenen zwei Auflagen des DOSB-Programmes auf unserer Homepage zu lesen, da werden viele Facetten dieser erfolgreichen „gemischten Doppel“ sichtbar. Ein Erfolg ist aus meiner Sicht auch, wenn wir damit den Mitgliedsorganisationen aufzeigen, was Mentoringprogramme leisten können, wo Potenziale schlummern, wie Personal entwickelt und letztlich auch zielführend eingesetzt werden kann. Der DFB hat in seinem aktuellen Programm beispielsweise den Anspruch, das Projekt von der Bundes- auf die Landesebene zu kommunizieren und den Nutzen des Programms auch für die Untergliederungen sichtbar zu machen. Der DOSB hat das gleiche Anliegen mit Blick auf seine Mitgliedsorganisationen. Einige Verbände führen bereits erfolgreich eigene Mentoringmaßnahmen durch, weitere möchten wir dazu anregen. Lassen Sie uns doch in ein paar Jahren noch einmal schauen, welchen Weg die Mentees gegangen sind. Dann sollten wir auch evaluieren: was ist in den Landesverbänden passiert, was hat sich in der Zusammensetzung der Vorstände verändert? Dies wird sich nicht linear und ausschließlich auf die entsprechende Mentoringmaßnahmen zurückführen lassen, aber sicherlich fügen wir damit wichtige Puzzleteile in das Gesamtbild ein.

Was wünschen Sie sich für noch kommende Mentoringprogramme? Was möchten Sie uns noch mit auf den Weg geben?

Ich wünsche mir auch künftig motivierte, fordernde Mentees, ebenso motivierte und fördernde Mentorinnen und Mentoren sowie kluge Vorstände und Präsidien, die um den Mehrwert von Mentoring wissen und ihn nutzen. All dies gibt es bereits, aber wir sollten dieses hilfreiche Instrument auch in den Bereichen und Verbänden einsetzen, wo dies aktuell noch nicht geschieht. Damit können die Verbände auch Signale in ihre Untergliederungen aussenden. Bezogen auf zukünftige Mentoringprogramme könnte ich mir zudem eine Öffnung für weitere Zielgruppen vorstellen. Ich sehe da noch viel Potenzial.

(Quelle: Führungs-Akademie)


  • Petra Tzschoppe bei der Auftaktveranstaltung des DOSB-Mentoring-Programms 2016/2017. Foto: DOSB
    Petra Tzschoppe bei der Auftaktveranstaltung des DOSB-Mentoring-Programms 2016/2017. Foto: DOSB