Mentoring wider die üblichen Machtmuster

Nach dem DOSB hat auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) ein Mentoringprogramm für Frauen aufgelegt – beim gemeinsamen Erfahrungsaustausch konnten andere Verbände Mentoring-Luft schnuppern.

Resümierten gemeinsam das Fachforum Mentoring (v.l.n.r.): Silke Renk-Lange (DOSB), Heike Ullrich (DFB) und Kathrin Mahler Walther (DGM); Foto: DOSB/Camera4
Resümierten gemeinsam das Fachforum Mentoring (v.l.n.r.): Silke Renk-Lange (DOSB), Heike Ullrich (DFB) und Kathrin Mahler Walther (DGM); Foto: DOSB/Camera4

„Heute wird hoffentlich wieder viel Energie versprüht.“ Mit diesen Worten eröffnete Heike Ullrich, Direktorin Frauen und Mädchenfußball beim DFB, das Fachforum ‚Mentoring im Sport’ am vorigen Freitag (23. Juni) in Berlin. Veranstaltet vom DOSB, unterstützt vom DFB und in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Mentoring waren die Sportverbände zum offenen Erfahrungsaustausch über das Potenzial von Mentoring in den Sportorganisationen eingeladen.

„Wir wollen einen Kulturwandel anstoßen. Ich hoffe, dass sich viele Sportverbände motiviert und aufgefordert fühlen, eigene Programme zu starten“, sagte DFB-Direktorin Ullrich, die das erste Leadership-Programm für Frauen im Fußball vorstellte. „Insbesondere die Spitzenverbände sind dabei gefragt, denn das macht es für die untergeordneten Verbände leichter, so ein Projekt fortzusetzen.“

Das grundlegende Problem vieler Sportverbände brachte Kathrin Mahler Walther, DGM-Vor-standsmitglied und Geschäftsführerin der ‚EAF Berlin. Diversity in Leadership’, auf den Punkt: „Es gibt weder eine Mentoring-Ausbildung noch ein Curriculum. Mit der heutigen Veranstaltung möchten wir einen Raum für eine Vernetzung und einen Erfahrungsaustausch unter Koordina-torinnen und Koordinatoren sowie Trainerinnen und Trainern schaffen. Wir richten uns also an diejenigen, die in Verbänden Mentoring-Programme leiten und bieten ihnen ein Forum des Austauschs.“ Dafür hat die DGM Qualitätskriterien und ein Zertifizierungsverfahren für qualitativ hochwertige Mentoring-Programme entwickelt.

Ein gutes Instrument

„Mentoring ist ein gutes Instrument, um insbesondere für Frauen etwas zu erreichen“, resümierte Silke Renk-Lange, Sprecherin der Frauen-Vollversammlung des DOSB. „Aber: Wenn wir die nötigen Ressourcen haben wollen, müssen wir mehr und zielgerichteter miteinander und nach außen kommunizieren. Denn der Bedarf ist auf den Entscheidungsebenen oft immer noch nicht so ganz angekommen.“

Dabei können Frauen nach Ansicht von Hauptvortragsrednerin Professorin Dr. Ursula Liebhart von der Fachhochschule Kärnten in Villach etwas Essentielles in Organisationen einbringen.

„Wenn Frauen mit sich im Reinen sind und das Gefühl haben, als Mensch akzeptiert zu sein, haben sie eine Ausstrahlung, die Kompetenz und Gelassenheit in Kombination mit Freude am Job vermittelt“, sagte sie. „Da geht es nicht um die üblichen Machtmuster, sondern Frauen möchten oft Dinge bewegen – es ist Macht im Sinne einer Gestaltung, weniger im Sinne einer Machterhaltung. Und dann versprühen diese Frauen in ihrer Position oft eine besondere Energie.“

Mentoring verknüpft Sportwelt mit der Organisationswelt

Interview mit Professorin Dr. Ursula Liebhart von der Fachhochschule Kärnten in Villach über ein Personalentwicklungs-Tool, das auch für Sportorganisationen unverzichtbar ist.

Was macht die Methode des Mentoring so besonders?

PROFESSORIN URSULA LIEBHART: Zwei Menschen können sich für eine bestimmte Phase in einem geschützten Beziehungsraum und mit gegenseitigem Vertrauen die Zeit nehmen für Themen, die sie für wichtig erachten und an denen sie arbeiten möchten. Das macht Mentoring zu einem besonderen Lerninstrument.

Was sind die wichtigsten Dinge, die ein Tandem aus einer Mentoring-Bezie-hung lernen kann?

Wenn ich mich auf eine Person oder Situation einlasse, kann ich für mich persönlich spannende Dinge mitnehmen. So werde ich z.B mit ungewohnten Bildern konfrontiert, lerne andere Zugänge zu Themen und neue Perspektiven kennen. Außerdem kann das harte Arbeiten an herausfordernden Themen auch Spaß machen. Letztendlich regt mich das alles zum Lernen an.

Welche Potenziale sehen Sie für Mentoring-Programme in Sportorganisationen?

Für den organisierten Sport sehe ich Parallelen zur Wirtschaft – Nachwuchstalente und Potenziale können erkannt und individuell gefördert werden für Aufgabenstellungen, die vorab für die jungen Talente vielleicht nicht sichtbar waren. Sie können gezielt in bestimmte Bereiche eingeführt werden und sich Orientierung sowie implizites Wissen über die Organisation verschaffen.

Was prädestiniert Sportlerinnen und Sportler für ein Mentoring?

Leistungssportlerinnen und Leistungssportler waren in ihrem Leben meist ausschließlich auf den Sport fokussiert und haben vieles beiseite gestellt. Da ist es hilfreich, wenn eine Mentorin oder ein Mentor diese Menschen in Organisationen einführt, die nach gewissen Mustern und kulturellen Werten funktionieren. Mentoring ist eine gute Form, die Sportwelt mit der Organisationswelt zu verknüpfen.

Warum lohnt es sich, mit Mentoring-Programmen in Frauen zu investieren?

Frauenförderung ist ein wichtiges Thema, wenn wir uns Frauen in Führungspositionen ansehen. Mentoring ist ein Tool zur individuellen Personalentwicklung und -förderung, das genau auf Stärken von Frauen abzielen kann, um z.B. das Selbstwertgefühl zu steigern, sich selbst sichtbarer zu machen oder zu erkennen, dass sie den Vergleich nicht zu scheuen brauchen. Denn vielen Frauen fällt es immer noch schwer, Macht und Einfluss als Gestaltungselemente von Organisationen zu sehen.

(Quelle: DOSB/Michaela Rose, MEDIA2MOVE)


  • Resümierten gemeinsam das Fachforum Mentoring (v.l.n.r.): Silke Renk-Lange (DOSB), Heike Ullrich (DFB) und Kathrin Mahler Walther (DGM); Foto: DOSB/Camera4
    Resümierten gemeinsam das Fachforum Mentoring (v.l.n.r.): Silke Renk-Lange (DOSB), Heike Ullrich (DFB) und Kathrin Mahler Walther (DGM); Foto: DOSB/Camera4