Ilse Ridder-Melchers, Mitglied des DSB-Präsidiums, hat sich mit aller Schärfe gegen die Forderungen der Wintersportverbände gewandt, Frauen und Jugend aus dem Präsidium eines neuen Dachverbandes zu verbannen.
Ilse Ridder-Melchers, Mitglied des DSB-Präsidiums, hat sich mit aller Schärfe gegen die Forderungen der Wintersportverbände gewandt, Frauen und Jugend aus dem Präsidium eines neuen Dachverbandes zu verbannen.
Beruhigend ist, dass es sich bei diesen Verbänden um eine Minderheit handelt. Die große Mehrheit der Mitgliedsverbände beim DSB und NOK denken und entscheiden anders. Auch das IOC fordert seit Jahren von den NOKs eine stärkere Vertretung von Frauen und ihren Interessen in den Gremien des Sportes auf nationaler und internationaler Ebene.
Die Fusion soll ein Schritt in die Zukunft sein. Ein neuer Dachverband des deutschen Sportes muss die Interessen und Anliegen von über 27 Millionen sporttreibenden Menschen bün-deln. Eine überwältigende Mehrheit sind Breiten- Freizeit- und Gesundheitssportlerinnen und Sportler. Nach der neuesten DSB-Mitgliederstatistik beträgt der Anteil der Frauen und Ju-gendlichen zusammen über 15,2 Millionen Menschen, dies entspricht knapp 60%.
Wer nicht verstehen kann oder will, dass diese für den Sport und die sportpolitische Entwicklung bedeutenden Gruppen mit jeweils einer Stimme in einem neuen Präsidium vertreten sein sollen, der müsse sein Verständnis über die Ziele und Aufgaben eines neuen Dachverbandes hinterfragen.
Es geht um mehr, als um das Zählen von Medaillen und internationalen Erfolgen - so wichtig sie für den Sport auch sind. Mehr denn je wird der Sport künftig an der Erfüllung seiner gesellschaftspolitischen Aufgaben gemessen. Dies gewinne an Bedeutung für die Förderung aller öffentlichen Hände Bund, Länder und Kommunen als auch für die Unterstützung durch Sponsoren. „Der Sport kann und muss zur Verminderung von Problemen wie der Armut, dem sozialen Gefälle zwischen Nord und Süd, der Benachteiligung von Frauen oder der Dis-krepanz zwischen Spitzensport und Volkssport seinen Beitrag leisten“, so Dr. Jacques Rogge beim ersten „Internationalen Olympia-Forum“ im September 2005 in Frankfurt.
Die Frauen sind ein Aktivposten der Sportbewegung. Wir haben die sportlichste Mädchengeneration und insbesondere die Frauen über 60 Jahren verzeichnen seit Jahren die höchsten Zuwächse unter den Mitgliedern beim DSB. Die Entwicklungskurve der Frauen im deutschen Sport ist eine Erfolgsgeschichte: das belegen die Zahlen und Fakten sowohl für den Breiten- und als auch für den Spitzensport. Frauen haben bei den Olympischen Spielen in Barcelona (1992) 37% der Medaillen erzielt – in Athen (2004) waren es 42%. Frauen haben Bewegung und Innovation in den Sport hineingetragen.
Aber: Wir müssen im Sport künftig noch mehr Anstrengungen unternehmen, mehr Mädchen und Frauen für den Sport zu gewinnen und insbesondere das Führungspotential von Frauen zu nutzen.
Gerade bei den Spitzenverbänden stagniere der Frauenanteil in den Präsidien auf niedrigstem Niveau bei rund 10%, während alle anderen den Sprung über die 20%-Marke längst geschafft hätten. Außerdem gibt es auch heute noch eine Reihe von Verbänden, die überhaupt keine Frauen für ihr Präsidium gewinnen konnten; beispielsweise der Eissport- oder Skibob-Verband.
Daher ist es richtig, wenn in der Präambel der Satzung der geplanten gemeinsamen Dachorganisation im Geist unserer Verfassung
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die Durchsetzung der Gleichstellung und Chancengleichheit im Sport verankert wird,
die Förderung der gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern in allen Gremien des Sportes als Aufgabe festgeschrieben wird,
und mit einer Frauenvollversammlung und einer Vizepräsidentin für Frauen und Gleichstellung die Interessenvertretung von über 40% der Mitglieder des Sportes ge-bündelt werden.
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Die Sonderstellung der Frauen und ihrer Vertretung in einem neuen Dachverband ist zur Zeit leider – auch fast 60 Jahren verankerten Grundrechten von Frauen in unserer Verfassung - noch unverzichtbar, weil der Gleichstellungsprozess noch nicht abgeschlossen ist – weder im Sport noch in unserer Gesellschaft.
Bundespräsident Horst Köhler spricht zu Recht in diesem Zusammenhang vom „Entwicklungsland Deutschland“, dass das Begabungspotential von Frauen nicht ausschöpft und einer Männergeneration, die endlich dazulernen müsse. Wir können und müssen uns anstrengen, dass dieser Prozess im Sport künftig schneller verläuft und wir möglichst die Spitzenposition einnehmen, die wir im Sport sonst gerne inne haben.
Nur Mut – meine Herren aus den Wintersportverbänden – Chancengleichheit ist für uns alle ein Gewinn!